Es ist die größte PR-Berufsfeldstudie Deutschlands, deswegen wird sie standesgemäß auf dem Treffen der Branche präsentiert. Hochschul-Präsident Prof. Dr. René Seidenglanz und Regine Kreitz, Präsidentin des BdKom, haben auf dem Kommunikationskongress die gemeinsame Studie vom BdKom und der Quadriga Hochschule vorgestellt.
Mit aktuellem Bezug auf die Corona-Pandemie sticht ein Ergebnis hervor: Die Bedeutung der Kommunikationsfunktion für die Unternehmensführung ist gestiegen. “Mehrheitlich haben Kommunikationsverantwortliche die Chance in der Krise ergriffen”, resümiert Kreitz.
Insgesamt ist die Profession auf einem stetigem Weg der Professionalisierung: 68 Prozent haben ein einschlägiges Studium oder eine entsprechende Weiterbildung absolviert. “Der Bedeutungszuwachs der fachspezifischen Ausbildung spiegelt sich im zunehmend ausgeprägten beruflichen Selbstverständnis. Über 90 Prozent der Kommunikationsverantwortlichen sehen sich als Mittler zwischen Organisation und Öffentlichkeit”, so René Seidenglanz. Der früher übliche Quereinstieg in die Kommunikationsfunktion nach anderen beruflichen Tätigkeiten nehme im Langzeittrend ab.
Neben sich fortsetzenden Trends ist auch ein Novum unter den Ergebnissen – zum ersten Mal in der Historie der Berufsfeldstudie sind unter den Führungspositionen mehr Frauen als Männer vertreten.
“Seit inzwischen 15 Jahren trägt unsere Studienreihe maßgeblich dazu bei, das Berufsfeld zu vermessen und Debatten anzustoßen. Deswegen freue mich umso mehr, dass wir hier heute direkt in die Diskussion gehen”, begrüßte Seidenglanz die Diskutant:innen und übergab das Wort an Regine Kreitz.
Diskussion der Ergebnisse mit Quadriga-Netzwerk
Mit Nina Schwab-Hautzinger (BASF), Nadine Schian (Webasto), Martin Roth (DZ Bank) und Friedrich von Heyl (Novartis) waren im Anschluss an die Ergebnispräsentation vier Vertreter:innen aus den Beiräten und dem Mentoring-Programm der Quadriga Hochschule zur Diskussion auf der Bühne.
Zweimal Quereinstieg und zweimal direkter Weg in die Kommunikation, das ergab die spontane Abfrage von Regine Kreitz zum Berufseinstieg unter den heute Kommunikationsverantwortlichen. Besonders interessant wurde es bei der Diskussion zum Thema Gender Pay Gap – denn trotz dem erstmals höheren Anteil an Frauen in Führungspositionen ist die Bezahlung immer noch deutlich schlechter. Einhellige Meinung dazu auf der Bühne: Frauen müssen ihren berechtigten Ansprüchen auch Nachdruck verleihen.
Die Berufsfeldstudie
Die Berufsfeldstudie des BdKom und der Quadriga Hochschule erhebt seit 2005 den Status quo sowie wesentliche Trends und Entwicklungen des Berufsstandes PR / Kommunikationsmanagement. Im Frühjahr 2021 wurden 59 Fragen an 28.865 Kontakte per Online-Fragebogen versandt. Die 1.524 auswertbaren Datensätze entsprachen einer zufriedenstellenden Rücklaufquote von 5,4 Prozent. Damit ist die Studie begrenzt repräsentativ, aber sie erlaubt tiefgehende Einblicke in die Beschaffenheit des Berufsfeldes. Die Stabilität zentraler demografischer Werte über die Erhebungsjahre hinweg legitimiert Längsschnittanalysen und Erkenntnisse über tatsächliche Strukturen im Berufsfeld. Es handelt sich um die mit Abstand umfassendste deutsche Berufsfeldstudie und ist anderen Monitoren bei den Kriterien Repräsentativität und Aussagekraft voraus.
Kernergebnisse der Berufsfeldstudie
- Weniger Quereinstiege: Im Langzeittrend nimmt die Anzahl von Personen, die zuvor in anderen Berufen gearbeitet haben, ab. 36 Prozent der PR-Professionals beginnen ihre Tätigkeit in dem Berufsfeld unmittelbar nach dem Studium bzw. der Ausbildung – Tendenz steigend.
- Akademische Ausbildung: 93 Prozent verfügen über einen Hochschulabschluss. 27 Prozent haben an einer Hochschule oder Universität einen PR/Kom-Studiengang absolviert.
- Zunahme einschlägiger Ausbildungen: 68 Prozent verfügen über eine PR/Kom-spezifische Qualifikation. Die berufsbegleitende Weiterbildung ist am weitesten verbreitet.
- Identitätsstiftendes Berufsverständnis: 92 Prozent sehen sich als Mittler zwischen Organisation und Öffentlichkeit und 87 Prozent als Managerin bzw. Manager von Kommunikationsprozessen.
- Mehrheit: Nach der Jahrtausendwende waren die Praktikerinnen im Berufsfeld noch knapp in der Unterzahl. Heute stellen PR-Frauen 62 Prozent der Berufsfeldangehörigen.
- Weiblicher Nachwuchs: Betrachtet man ausschließlich die Gruppe der Unter-30-Jährigen dominieren die Frauen mit einem Anteil von 83 Prozent (vs. Männer: 17 Prozent).
- Führungsrolle: Lange Zeit waren Frauen benachteiligt, wenn es um die Besetzung der Führungspositionen ging. Das hat sich geändert. Frauen haben heute gleiche Karrierechancen. 58 Prozent der Gesamtleitungspositionen PR/Kom sind mit Frauen besetzt und 60 Prozent der Bereichsleitungen. Statistisch gesehen hat das Geschlecht auf die Besetzung solcher Führungspositionen keinen Einfluss.
- Gender-Pay-Gap: 25 Prozent der Frauen, aber nur vier Prozent der Männer arbeiten Teilzeit. Aber auch unter denselben Voraussetzungen klafft noch immer eine Lücke zwischen den Gehältern der PR-Frauen und den auf den gleichen Positionen besser bezahlten PR-Männern. Unter Berücksichtigung der in der Studie erhobenen Kategorien (Organisationstyp, -größe und -standort, Position, Berufserfahrung sowie Teilzeitbeschäftigung) beträgt der Unterschied zwischen den Brutto-Jahresgehältern von PR-Männern und -Frauen ca. 13.000 Euro. In Relation zum Durchschnittsgehalt für Vollzeitbeschäftigte von 72.000 Euro (Median) entspricht das einer Differenz von 18 Prozent.
Download der Studie beim BdKom
Die vollständige Studie sowie die grafische Aufbereitung der wichtigsten Ergebnisse können Sie auf der Website des BdKom kostenlos herunterladen. Dort können Sie auch die vollständige Studie als Softcover bestellen.
Prof. Dr. René Seidenglanz ist Präsident der Quadriga Hochschule Berlin und in dieser Position für die strategischen Leitlinien und die Hochschulentwicklung verantwortlich. Er hat an der Hochschule zudem eine Professur für Kommunikationswissenschaft inne.
Der studierte Kommunikationswissenschaftler und Psychologe ist seit vielen Jahren in Wissenschaft und Ausbildung tätig. Er lehrte zwischen 2003 und 2008 an der Universität Leipzig im Bereich PR/Kommunikationsmanagement. Anschließend war er Studiendirektor der Deutschen Presseakademie und koordinierte den Aufbau der Quadriga Hochschule Berlin. Mit deren Gründung 2009 wurde Seidenglanz als Vizepräsident berufen. Zum 1. Januar 2020 folgte er als Präsident auf Prof. Peter Voß.
Als Kommunikationsberater betreute er über lange Jahre Strategie und Forschungsprojekte im Kommunikationsmanagement für DAX30-Unternehmen, mittelständische Firmen, öffentliche Einrichtungen sowie Verbände und Vereinigungen.
Regine Kreitz leitet die Kommunikationsabteilung der Stiftung Warentest. Zuvor war sie Director Marketing und Communications bei der EU-Innovations-Initiative EIT Climate-KIC, von 2010-2020 verantwortete sie die Kommunikation der Hertie School of Governance. Seit 2017 ist die studierte Historikerin Präsidentin des BdKom. Sie ist außerdem Ratsmitglied im DRPR und Aufsichtsratsmitglied des Medienhauses der Evangelischen Kirche in Deutschland GEP.
Seit November 2020 verantwortet Nina Schwab-Hautzinger die Einheit Corporate Communications & Government Relations der BASF Gruppe. Zuvor war sie beim Gesundheitsunternehmen Roche am Hauptsitz in der Schweiz sowie in Deutschland tätig – unter anderem als Global Head of Corporate Brand & Communications. Von 2011 bis 2013 war sie Kommunikations- und Strategieberaterin bei Hill+Knowlton Strategies in Singapur. Nina Schwab-Hautzinger studierte an den Universitäten Mannheim, Deutschland, und Waterloo, Canada. 2002 promovierte sie an der Universität Zürich, Schweiz, am Institut für Publizistikwissenschaft und Medienforschung.
Dr. Friedrich von Heyl ist seit über 20 Jahren im Kommunikationsmanagement für globale Unternehmen aus Pharma und FMCG tätig mit verantwortlichen Positionen bei Schering, AstraZeneca und Danone. Seit 2016 arbeitet er für die Novartis Pharma AG, zunächst im Headquarter in Basel als Global Head mit Zuständigkeit für die strategische Kommunikation verschiedener Geschäftsbereiche. Heute leitet er den Bereich Kommunikation und Patient Engagement für Novartis Deutschland mit Sitz in Nürnberg.
Nadine Schian verantwortet seit Oktober 2021 als Vice President Corporate Communications die globale Kommunikation der BSH Home Appliances Group. Zuvor war sie als Vice President Communications, Marketing & Brand für Webasto tätig. Bevor sie 2019 zu Webasto wechselte, verantwortete Nadine Schian den Unternehmensbereich Communications, Marketing & Brand der OSRAM Continental GmbH. Nadine Schian verfügt über langjährige Erfahrungen im Kommunikationsbereich global tätiger Technologieunternehmen. Der Schwerpunkt ihrer beruflichen Laufbahn liegt auf der ganzheitlichen Betrachtung der Unternehmenskommunikation und dem Vorantreiben innovativer Kommunikationsmaßnahmen.