Du bist im Juli 2020 zum Global Head of Strategic Communications & Public Relations bei Munich Re aufgestiegen. Wie war es für dich, in so einer turbulenten Zeit diese neue Herausforderung anzunehmen?
Ich habe mich sehr gefreut über die Chance, die interne und externe Kommunikation von Munich Re gestalten zu können. Gleichzeitig hatte ich Respekt vor der Verantwortung. Und natürlich ist es noch einmal eine besondere Sache, mitten in der Pandemie diese Aufgabe zu übernehmen: Das Tempo war hoch, das schrittweise Eingewöhnen ist ausgefallen.
„Das Tempo war hoch, das schrittweise Eingewöhnen ist ausgefallen.“
Es hat mir sehr geholfen, dass wir ein gut eingespieltes, globales Team sind. Indem wir nun auch die Stränge der internen und externen Kommunikation unter einem Dach zusammengeführt haben, können wir gemeinsam noch mehr voranbringen.
Inwiefern?
Etwa indem wir uns über die gesamte Unternehmensgruppe hinweg schnell zu einer Task Force zusammenschließen und sämtliche Kommunikationsmaßnahmen zu Corona orchestrieren konnten. Die Rückmeldungen haben gezeigt: Wir haben mit der Dynamik der Entwicklungen Schritt gehalten und transparent, verlässlich und konsistent informiert.
Welche kommunikativen Herausforderungen hat Corona noch gebracht?
Es ging uns wie so vielen anderen: Digitale Veranstaltungsformate haben eine große Rolle gespielt. Wir haben beispielsweise unsere Hauptversammlung virtuell geführt – als eines der ersten großen deutschen Unternehmen überhaupt.
Auch für den Dialog mit Kollegen und Kunden haben wir digitale Formate aufgesetzt. Sie funktionieren in ihrer Dramaturgie, Interaktion und Struktur völlig anders als physische Veranstaltungen. Klar ist: Wir lernen immer weiter, auch weil hier technisch viel in Bewegung ist.
Sticht ein Projekt aus den letzten Monaten besonders heraus?
Im Dezember haben wir die Munich Re Group Ambition 2025 kommuniziert, ein Update der Konzernstrategie, mit dem sich die Gruppe anspruchsvolle Ziele für die kommenden fünf Jahre gesetzt hat.
Zu diesen Inhalten haben wir aus zwei Studios zeitgleich Investoren, Journalisten und unsere Manager und Mitarbeiter weltweit ins Boot geholt. Das war unsere Feuertaufe. Sie hat die Stärken des integrierten Ansatzes gezeigt und klar gemacht, was man mit Können, Einsatz und Flexibilität erreichen kann.
Als Kommunikator und Führungskraft – was sind deine Erkenntnisse aus dieser Zeit?
Gute Kommunikation und gute Entscheidungen beginnen immer mit genauem Zuhören und Hinsehen. Das klingt vielleicht erst mal trivial, ist es aber ganz und gar nicht. Erstens kosten Zuhören und Hinsehen Zeit. Doch genau die ist knapp, wenn viele Entscheidungen rasch zu treffen sind. Ich muss unterscheiden zwischen dem, was unmittelbar entschieden werden kann und was noch vernünftig zu klären ist.
Rolf Dobelli hat es „Meinungsinkontinenz“ genannt, dass Teile der Öffentlichkeit auf komplizierte Fragen sofort einfache Antworten geben. Entscheidungsstärke ist wichtig; sie besteht aber nicht darin, notwendiges Abwägen fallen zu lassen. Das hat gerade in der Pandemie noch einmal an Bedeutung gewonnen.
„Entscheidungsstärke ist wichtig; sie besteht aber nicht darin, notwendiges Abwägen fallen zu lassen.“
Zweitens erschweren Videokonferenzen das genaue Zuhören und Hinsehen, etwa durch den fehlenden Blickkontakt: Wir müssten direkt in die Kamera schauen statt auf den Bildschirm. Und selbst wenn ich darauf achte, kommt kein Blick zurück.
Gleichzeitig fällt es schwerer als im persönlichen Gespräch, Mimik oder Körpersprache wahrzunehmen. In unserem Team hätte ich viele Gespräche lieber persönlich geführt statt per Video-Chat. Da packt mich schon manchmal die Zoom Fatigue.
Welche Ziele hast du dir für die Arbeit in der neuen Position gesteckt?
Ohne Vertrauen ist alles nichts und dauerhafter Erfolg undenkbar. Deshalb werden wir konsequent daran arbeiten, das Vertrauen unserer Kunden, Mitarbeiter, Aktionären und weiterer Stakeholder in das Unternehmen zu stärken. Wir wollen auf das eingehen, was unsere Dialogpartner bewegt.
Dazu werden wir verstärkt Daten nutzen: Gerade durch digitales Tracking wollen wir die Bedürfnisse unserer Zielgruppen und die Wirkung unserer Kommunikation noch besser verstehen. Wir legen aber keine digitalen Scheuklappen an, sondern setzen auf die ganze Bandbreite der Wirkungsmessung – vom persönlichen Austausch bis zu Fokusgruppen.
Gleichzeitig wollen wir den Einsatz unserer Ressourcen transparenter machen. Nur so können wir die Maßnahmen mit dem besten Verhältnis von Aufwand und Nutzen identifizieren und unsere Kommunikation nach einem klaren Koordinatensystem steuern. Das ist wichtig, denn die Anforderungen an uns Kommunikatoren wachsen weiter.
Kommen wir auf dein Studium an der Quadriga Hochschule zu sprechen: Von welchen Aspekten daraus profitierst du noch heute?
Mir haben vor allem interdisziplinäre Inhalte weitergeholfen, die Kommunikation in einen größeren Kontext gerückt haben – zum Beispiel aus der Organisationsentwicklung, der Verhaltensökonomie oder der systemischen Beratung.
Hinzu kam der Austausch mit den Dozenten und meinen Studienkollegen, die ihre Erfahrung aus unterschiedlichsten Spielarten der Kommunikation eingebracht haben. Viele dieser Beziehungen bleiben und die Impulse auch.
Welche Tipps kannst du den nachfolgenden Studiengenerationen an der Quadriga Hochschule mitgeben?
Ich halte nichts von einem rein instrumentellen Verständnis des Studiums, etwa um eine neue berufliche Position zu erreichen. Das Studium ist für mich ein Wert an sich, bringt inhaltliche Impulse und Begegnungen. Manche davon haben sich auch erst später in meinem Berufsalltag zu einem größeren Ganzen verbunden und mir weitergeholfen. Das ist aus meiner Sicht der eigentliche Hebel für die persönlichen Entwicklung.
„Das Studium ist für mich ein Wert an sich, bringt inhaltliche Impulse und Begegnungen.“
Ein guter Kommunikator bleibt offen, neugierig und interessiert. Und demütig: Das Studium vermittelt Wissen, bietet Einblicke, ermöglicht neue Perspektiven – doch die Welt und unsere Profession drehen sich auch nach dem Studienabschluss weiter. Das ist ein guter Grund, die Lernkurve auch danach weiter steil zu halten.
Du hast zuletzt beim Studienstart und dem Graduation Day zu den nachfolgenden Generationen gesprochen. Zudem bist du Mentor und sitzt seit 2019 als Alumni-Vertreter im Kuratorium der Quadriga Hochschule – wie definierst du deine Rolle?
Im Kuratorium beraten wir die Hochschule dabei, das Studienprogramm zu konzipieren. Für mich ist es eine Chance, auf Basis meiner eigenen Studienerfahrungen Impulse zu setzen. Die bisherige Zusammenarbeit mit meinen Kolleginnen und Kollegen im Kuratorium zeigt: Verbindet man diese Erfahrungen mit den aktuellen Fragen unserer Professionen, so lassen sich Inhalte, Struktur und Methoden der Studiengänge zielgerichtet weiterentwickeln.
Zusätzlich darf ich Mentor für Studierende sein. Ich bin überzeugt davon, dass von einem steten Austausch und einem starken Netzwerk alle Beteiligte profitieren – mich selbst eingeschlossen. In Sachen Dialog bin ich Überzeugungstäter.
Zur Person
Florian Amberg verantwortet als Global Head of Strategic Communications & Public Relations die weltweite externe und interne Kommunikation von Munich Re. Zuvor war er Leiter Kommunikation der ERGO Direkt, Pressesprecher bei AXA sowie Kommunikationsmanager bei der HypoVereinsbank und der Stadtwerke-Holding Thüga. Amberg arbeitete während seines Theologie-Studiums für den ARD-Polittalk “hart aber fair”; er war zudem Gründer und Geschäftsführer der Internetagentur Blue Media.
Amberg ist Vizepräsident des Bundesverbands der Kommunikatoren (BdKom), Prüfer der Deutschen Akademie für Public Relations und Jury-Mitglied des Digital Communication Awards. Er war Teil der #30u30 Young Professional Initiative des Branchenmagazins PR Report.
An der Quadriga Hochschule hat Amberg 2015 seinen Master of Arts in Communication & Leadership abgeschlossen, heute ist er im Mentoring-Programm aktiv und sitzt als Alumni-Vertreter im Kuratorium.
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