Die Vertretung von Interessen ist ein wesentlicher Bestandteil demokratischer Prozesse. Trotzdem hat Lobbyismus noch häufig eine negative Konnotation. Aufgrund jüngster Fehlentwicklungen werden ein gesetzliches Lobbyregister und ein Verhaltenskodex vorangetrieben. Beide Vorhaben werden Implikationen für professionelle Interessenvertreter*innen und Politiker*innen haben. Es bleibt aber die Frage, wie Lobbyismus darüber hinaus seiner gesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden kann.
Integres Verhalten nach ethischen Grundsätzen
Verantwortungsbewusstes Lobbying basiert auf dem Verständnis, dass Vorschriften und Gesetze wichtig, aber als Maßstab allein nicht ausreichend sind. Im Dialog der Interessenvertreter*innen mit Entscheider*innen aus Politik und Verwaltung zum Informationsaustausch und besseren Verständnis verschiedener Positionen bedarf es vor allem eines integrem Verhalten nach ethischen Grundsätzen. Nur so sind faire und stabile Rahmenbedingungen sowie tragfähige Lösungen für ein gesellschaftliches Wohl gemeinsam zu gewährleisten. Dies gilt insbesondere in Zeiten von komplexen Themen und Herausforderungen, wie unter anderem Klima- und Energiewende, Digitalisierung und Gesundheitsschutz.
Grundsätze verantwortungsvoller Interessenvertretung
Transparenz spielt bei verantwortungsvoller Interessenvertretung eine tragende Rolle: Nur wer seine Lobbying-Aktivitäten sichtbar macht, Informationen frei zugänglich bereit stellt und Abläufe erklärt, kann glaubhaft für eigene Positionen und Forderungen werben. Dies gilt sowohl im persönlichen Gespräch als auch im virtuellen Raum. In diesem „analogen“ wie auch „digitalen“ Austausch geht es auch darum, den Auftraggeber deutlich und kenntlich zu machen, für den man sich einsetzt. Das spiegelt die Legitimität der Interessenvertretung wider.
Neben der Konsistenz der an die Stakeholder zu sendenden Botschaften und der Verlässlichkeit, indem das umgesetzt wird, was besprochen wurde, ist auch insbesondere Verantwortlichkeit ein relevanter Faktor. Eine Organisation macht sich und die für sie handelnden Personen für ihre Handlungen verantwortlich, indem sie Verstöße gegen interne, rechtliche oder ethische Standards ahndet. Nicht zuletzt gehört auch Glaubwürdigkeit zu den Grundsätzen verantwortungsvoller Interessenvertretung. Danach sind nicht nur Partikularinteressen, sondern auch immer das Allgemeinwohl im Auge zu behalten.
Wie responsible ist Lobbying in Deutschland?
Verantwortungsvolle Interessenvertretung ist in Deutschland bereits vielerorts erfolgreich implementiert. Durch universitäre Angebote, wie von der Quadriga Hochschule, wird dem akademischen Austausch eine Plattform zur Diskussion über die wirtschaftsethischen Fragen gegeben. Zudem ist dieser Professionalisierungsprozess auch durch intensive Diskussionen über Qualitäts- und ethische Standards geprägt und wird durch berufsständische Organisationen, wie der de’ge’pol – Deutsche Gesellschaft für Politikberatung, weiter vorangetrieben.
Mittlerweile zeichnet sich in Deutschland die Interessenvertretung durch eine hohe Professionalität aus. Sie hat in den letzten Jahren gegenüber der Lobbyvertretung bei den Europäischen Institutionen deutlich aufgeholt. Zur Regel – der überwiegenden erfolgreichen Implementierung von verantwortungsvoller Interessenvertretung – gibt es aber auch immer wieder Ausreißer.
Handlungsbedarf…
Aufgrund von nicht integer erscheinender Lobbyaktivitäten rund um Bundestagsabgeordnete – gerade in jüngster Zeit – sieht sich die Politik zum Handeln veranlasst. Die Bundesregierung und hat nun einen Gesetzesentwurf zur Einführung eines Lobbyregisters vorgelegt. In eine öffentlich einsehbare Liste sollen sich alle Organisationen und Unternehmen verpflichtend eintragen, die beim Deutschen Bundestag lobbyieren. Insbesondere soll das Register auch jährliche Lobbyausgaben der Organisationen listen. Zudem sollen Grundsätze integrer Interessenvertretung in einem Verhaltenskodex aufgeführt werden. Die Vorschläge orientieren sich im Grunde nach sehr an den Inhalten des EU-Transparenzregisters inklusive dessen Verhaltenskodex.
…contra Überregulierung
Auch wenn die Politik einen Handlungsbedarf erkannt hat, greift sie ausschließlich zu einer verschärften Regulierung der professionellen Interessenvertreter*innen. Die Mandatsträger*innen sind hingegen nicht erfasst. Trotzdem werden die Maßnahmen auch Implikationen für Politiker*innen haben.
Lobbyismus kann seiner gesellschaftlichen Verantwortung aber nur dann gerecht werden, wenn die geplante Regulierung nicht zur Einschränkung demokratischer Meinungsbildungsprozesse führen wird. Ein regulatorischer Rahmen sollte dort verankert werden, wo es sinnvoll und sachlich geboten ist – dann mit Maß und Mitte. Er darf keinesfalls zu einer administrativen Überkontrolle führen.
Fazit
Es bleibt dabei, dass Regulierung auch immer durch freiwillige Bemühungen zur Förderung einer gesellschaftlich verantwortungsvollen Lobbyarbeit ergänzt werden muss. Denn keine potentielle (Über-)Regulierung kann etwaigen Missbrauch alleine stoppen.
Der Autor
Der Rechtsanwalt Lars Jope leitet das Berliner Büro der Arbeitsgemeinschaft Heiz- und Wasserkostenverteilung, kurz: ARGE HeiWaKo. 2014 hat er seinen MBA Public Affairs & Leadership an der Quadriga Hochschule Berlin abgeschlossen und ist seit 2015 dort als Gastdozent tätig.
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Der Rechtsanwalt Lars Jope leitet das Berliner Büro der Arbeitsgemeinschaft Heiz- und Wasserkostenverteilung. Zuvor leitete Lars Jope als Director Public Policy Germany das Konzernbüro der METRO AG in Berlin. Davor war er in verschiedenen Funktionen beim VIK – Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft in Berlin und als Director für IFIEC Europe – International Federation of Industrial Energy Consumers auf EU-Ebene in Brüssel tätig.
Lars Jope hat 2014 seinen MBA Public Affairs & Leadership abgeschlossen ist seit 2015 als Gastdozent an der Quadriga Hochschule Berlin tätig.