Marc Schlichtner zu den Leitsätzen für eine erfolgreiche Transformation
Digitalisierung ist ein großer Begriff, aber letztlich nichts anderes als ein Transformationsprozess. Ein Patentrezept gibt es dafür natürlich nicht. Was aber ungemein hilft, ist das Thema aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten – der eigenen und die der Leute, die es von der Transformation zu überzeugen gilt. Was dabei zu beachten ist, habe ich in vier Sätzen zusammengefasst.
Die Eigenperspektive
„Was dich bis hierhin gebracht hat, bringt dich nicht auch automatisch zum nächsten Ziel.“
Wenn ich in einem MBA-Seminar zu Gast bin, habe ich es mit Leuten zu tun, die schon einiges an Erfolgen vorzuweisen haben – das ist meine Grundhypothese. Dennoch muss sich jede Person bewusst sein, dass das, was sie zu bisherigen Erfolg geführt hat, kein Garant für die Zukunft ist.
Transformation bedeutet, dass ich Organisationen, Abteilungen oder Prozesse von einem stabilen Zustand, den ich erfolgreich herbeigeführt habe, in einen neuen stabilen Zustand überführen möchte. Neu ist anders, also bedarf es wahrscheinlich auch anderer Fähigkeiten. Wer einen Transformationsprozess anstoßen will, muss also immer für sich checken, ob und wo sie blinde Flecken hat – also ein hohes Maß an Selbstreflexion zeigen.
„Warte nicht auf andere, sondern begib dich auf die Heldenreise.“
Alle merken, dass sich was ändern müsste, aber niemand traut sich, es anzugehen. Mit dem Verweis auf Strukturen und Hierarchien heißt es dann „die müssten doch“ und „wenn die nicht, wer dann.“ Aber immer nur die Verantwortung von sich zu weisen, das funktioniert nicht, wenn man in die Zukunft aufbrechen will. Deswegen rate ich allen, sich auf die Heldenreise zu begeben.
Die Heldenreise ist ein bekanntes Modell und schafft deswegen Orientierung – auch in Bezug auf mögliche Rückschläge. Denn beim Aufbruch ins Ungewisse gehören diese dazu. Der Held wird auf seiner Reise auch mal hinfallen. Aber er steht auf, versucht einen neuen Weg und irgendwann wird er Erfolg haben – oder sie natürlich. Wenn er oder sie von einer Etappe zurückkehrt und von der Reise erzählt, dann entsteht der eigentlich der Wert – denn so kann auch bei den Zuhörer:innen der Mut entstehen, ebenfalls aufzubrechen.
Die Fremdperspektive
„Eine digitale Transformation ohne Machttransformation stirbt immer einen technischen Tod.“
Doch wie entsteht dieser Erfolg? Hier kommt die Fremdperspektive ins Spiel und damit diese recht brutale Erkenntnis. Wir erinnern uns, Transformation bedeutet, von einem stabilen Zustand in den nächsten zu kommen – damit wird immer auch die existierende Machtstruktur angegriffen. Das wird nicht bei allen gut ankommen und dessen muss man sich bewusst sein.
Man sollte nicht direkt alles Existierende infrage stellen, auch eine Heldenreise beginnt mit kleinen Schritten. Der erste Schritt, um existierende Machtstrukturen aufzubrechen, ist diese zu akzeptieren und sich mit ihnen auseinanderzusetzen. Machtstrukturen haben eine Sprache, sie haben spezifische Messgrößen und innerhalb dieser Strukturen gibt es Bedürfnisse. Den Zugang finde ich, wenn ich diese Sprache spreche und ein Problem definieren kann, dass die Leute innerhalb dieser Struktur auch haben.
Dahinter steckt die Leitfrage „What’s in for them?“ – also was andere davon haben, sich mit „meinem“ Problem zu beschäftigen. Bevor ich in ein Gespräch hineingehe, sollte ich mich in die Person versetzen, mit der ich sprechen will. Ich sollte versuchen, mich aktiv in dessen Problemwelt hineinzubegeben und überlegen, an welches „Problem“ ich dort andocken kann.
„Es ist nicht gesagt, dass es besser wird, wenn es anders ist, aber es muss anders werden, damit es besser werden kann.“
Die Unsicherheit, die mit jedem Transformationsprozess verbunden ist, wird man nur eingehen, wenn man wirklich ein Problem sieht – und vom Lösungsweg überzeugt ist. Dazu gehört auch ein gesundes Maß an Realismus. Mit diesem Ansatz sollte das erste Ziel sein, möglichst viele Optimist:innen zu finden, die dann untereinander und irgendwann mit den Unschlüssigen sprechen. Wenn ich diese Leute auf meine Seite ziehe, kann ich irgendwann die auch ignorieren, die ich eh nie kriegen werde.
Mein Fazit
Um es zusammenzufassen: Wer als Transformator:in erfolgreich sein will, braucht im Wesentlichen drei Dinge – eine Kernexpertise, kommunikative Skills und ein breites Grundlagenwissen. Die Kernexpertise verleiht einem die nötige Kredibilität. In welchem Bereich man diese hat, ist da gar nicht vordergründig. Es geht vielmehr darum, in einem Feld als Expert:in wahrgenommen zu werden und auch schon Erfolge vorweisen zu können.
Die kommunikativen Skills, also Menschen überzeugen zu können und die Fähigkeit zu moderieren, habe ich ja ausführlich erläutert. Um da die richtige Sprache sprechen zu können, gehört ein entsprechendes Grundlagenwissen aus den verschiedenen Unternehmensbereichen wie Marketing, Finanzen oder Personalentwicklung dazu. Je mehr Leuten ich vermitteln kann, was die Transformation für ihren Bereich bedeutet und warum es sich auch für sie lohnt, da mitzumachen, desto erfolgreicher werde ich sein – desto mehr Menschen werden mich begleiten auf meiner Heldenreise.
Sarah Ochs mit dem Transfer zu ihren beruflichen Erfahrungen
Insbesondere das Thema Machttransformation hat mich sehr interessiert. Einerseits natürlich, wie man mit den derzeitigen Machtstrukturen umgeht. Aber andererseits vor allem, wie diese in Zukunft aussehen sollen. Um die Menschen zu überzeugen – auch langfristig – lautet für mich das Motto:
„Power to the people.“
Das bedeutet, die Leute müssen wirklich teilhaben an den Prozessen der Transformation, diese auch mitgestalten können. Ich kann mit Ideen in den Prozess reingehen und sollte mir auch etwas zur Frage „What’s in for them?“ überlegt haben. Dabei muss ich aber genügend Raum lassen, damit die Leute eine eigene Antwort definieren können. Die Aufgabe von uns Führungskräften ist, die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen.
Erst letzte Woche wurde ich von einem Kollegen gefragt, wie die neuen Prozesse in unserem Unternehmensbereich definiert werden sollen und wer die Entscheidungen darüber trifft. Darauf habe ich ihm geantwortet, dass sie sich das so „bauen“ können, wie sie es für richtig halten, sich melden sollen, wenn es Abstimmungsbedarf dazu gibt und wir dann schauen, wie wir das optimal miteinander verzahnen. Denn das sind ja die Leute, die als Expert:innen für ihre Bereiche und Prozesse eingestellt sind, die muss ich nicht alle mikro-managen und das will ich auch gar nicht.
„Wir müssen unsere Jobs so machen, dass man uns irgendwann nicht mehr braucht.“
Das ist etwas, das ich immer zu meinen Kolleg:innen im Führungsteam sage. Klar, derzeit stecken wir inmitten von Transformationsprozessen, da braucht es die Führung, die Rahmenbedingungen, auch mal klare Entscheidungen – aber im Zielbild ist doch eine sich selbst steuernde Organisation das Beste, was man sich wünschen kann. Also mal sehen, wann wir entlassen werden (lacht).
Zu den Personen
Marc Schlichtner arbeitet im Portfolio Management der Einheit Digital Health bei Siemens Healthineers. Vorher hat er diverse Positionen bei der Siemens AG besetzt. Außerdem ist er C-Level Advisor, Mitglied des Forschungsbeirats der FIR an der RWTH in Aachen, Founder des T-Club und und Mitlglied des Beirats Digital Healthcare Ecosystem research and innovation capability building” (DiHECO) project der Kaunas University of Technology & University of California Berkeley. An der Quadriga Hochschule ist Schlichtner Mitglied im Beirat Leadership sowie in der Lehre und im Mentoring-Programm aktiv. Zu seinem Profil bei der Quadriga Hochschule und auf LinkedIn>>
Sarah Ochs ist verantwortlich für die Kommunikationsstrategie sowie die Krisenkommunikation des IT-Dienstleisters Fiducia & GAD. Außerdem ist sie aktuell maßgeblich am Umbau des Servicefelds Communication & Marketing zu einem themen- und datengetriebenen und kollaborativen Zusammenarbeitsmodell beteiligt. Zu ihrem Profil auf LinkedIn>>
Marc Schlichtner arbeitet im Portfolio Management der Einheit Digital Health bei Siemens Healthineers. Vorher hat er diverse Positionen bei der Siemens AG besetzt, wie Leiter Technologie & Innovation bei der Service Einheit der Division Digital Industrie, Leiter Portfolio Management Smart/Digital Services, die des Leiter Produktmanagement Energie- und Umwelttechnik, des Gruppenleiters Modernisierungs- und Migrationslösungen oder Regional Manager Mittlerer Osten & Afrika. Durch seine langjährige Erfahrung im Produkt- Portfolio- und Innovationsmanagement ist Marc Schlichtner „Principal Key Expert“ bei Siemens Healthineers.
Außerdem ist er C-Level Advisor, Mitglied des Forschungsbeirats der FIR an der RWTH in Aachen, Founder des T-Club und und Mitlglied des Beirats Digital Healthcare Ecosystem research and innovation capability building” (DiHECO) project der Kaunas University of Technology & University of California Berkeley. An der Quadriga Hochschule ist Schlichtner Mitglied im Beirat Leadership sowie in der Lehre und im Mentoring-Programm aktiv.
Sarah Ochs wechselte 2015 nach Stationen im Journalismus, PR und Performance-Marketing in die Unternehmenskommunikation der Fiducia & GAD. Dort hat sie als Pressesprecherin insbesondere den Ausbau der digitalen Kommunikation vorangetrieben. Im November 2020 wechselte sie auf eine fachliche Führungsposition und ist seither verantwortlich für die Kommunikationsstrategie sowie die Krisenkommunikation des IT-Dienstleisters. Außerdem ist sie aktuell maßgeblich am Umbau des Servicefelds Communication & Marketing zu einem themen- und datengetriebenen und kollaborativen Zusammenarbeitsmodell beteiligt.