Seit 2013 ist Alexander Gutzmer Professor für Medien und Kommunikation an der Quadriga Hochschule Berlin. Von 2017 bis 2018 war er darüber hinaus Gastprofessor an der mexikanischen Business School Tecnológico de Monterrey. Der promovierte Kulturwissenschaftler und Diplom-Betriebswirt arbeitete außerdem als Editorial Director und Erster Journalist des Hauses beim Münchner Callwey-Verlag. Dort verantwortete er die Architekturzeitschrift Baumeister und die englischsprachige Zeitschrift für Urban Design und Stadtentwicklung Topos. Nun ist er Direktor Marketing & Kommunikation des Münchner Immobilienentwickler Euroboden. Gutzmer wurde am Londoner Goldsmiths College (University of London) als Doctor of Philosophy promoviert. Er studierte Kulturwissenschaften (ebenfalls am Goldsmiths College) sowie zuvor BWL (an der FU Berlin und der Warwick Business School). Den Einstieg in den Beruf des Journalisten fand er in der Redaktion der Welt am Sonntag.
Professur
Alexander Gutzmer versteht Kommunikation als kulturelle Leistung und verbindet seinen Blick auf unternehmerische Prozesse mit seinem Hintergrund als sowohl Wirtschafts- wie auch Kulturwissenschaftler. Ihn fasziniert die Entwicklung von strategischer Unternehmenskommunikation hin zu einem contentbasierten Phänomen (Stichwort Newsrooms). Als ehemaliger Journalist im Bereich Architektur und Stadtentwicklung interessieren ihn außerdem Themen wie Urbanisierung und Smart City, Corporate Architecture, aber auch die Transformationen im globalen Mediensektor im Zuge der Digitalisierung.
Forschung
a) Journalistische Kreativität im Content Marketing
Content Marketing als relativ neues kommunikations- und marketingpraktisches Aktivitätsfeld ist wissenschaftlich bisher untersystematisiert. Vereinzelte Arbeiten beleuchten das Thema primär aus marketingkonzeptioneller Perspektive. Dabei wird aber den spezifischen Stärken des Themas nicht hinreichend Rechnung getragen.
Ein besonders unterbeleuchteter Aspekt des komplexen Themenfeldes ist die Rolle des Journalisten und dessen publizistischer Kreativität im Content Marketing-Prozess. Journalistische Produktivität ist Basis jedes kommunikations- oder marketingbezogenen Ansatzes, der Unternehmen oder Marken durch Content Marketing-Mechanismen inszenieren möchte. Was sie aber leistet und welche motivatorischen wie praktischen Widersprüche sich in der marketinggetriebenen journalistischen Praxis auftun, wurde bis dato noch kaum wissenschaftlich untersucht. Hier setzt Gutzmers Forschung an. Es gilt herauszufiltern, was im komplexen Gefüge des Content Marketing der Journalist a) leistet, welchen Leistungen er sich aber b) auch bewusst verweigert oder an welchen Ansprüchen er c) bisher (oft) scheitert. Mit Fragen wie diesen trägt die hier angesprochene Forschung zu einer Klärung des bisher noch diffusen Bildes von den Wechselwirkungen innerhalb des Kosmos Content Marketing bei.
Gemeinsam mit dem Content Marketing Forum führte Professor Gutzmer eine quantitative Befragung bei Journalisten und Entscheidern auf Unternehmens- und Agenturseite durch. Die Ergebnisse wurden in einem Fachartikel veröffentlicht. Im nächsten Schritt wurden die dort generierten Ergebnisse, konzeptionell und mit praktischen Beispielen angereichert und in einem weiteren Fachbeitrag im Jahrbuch 2019 des BDZV integriert.
b) Creative Spacing: Wie die Gestaltung von Arbeitsplätzen auf Mitarbeiter wirkt
Der „War for Talents“, von dem bereits seit Jahrzehnten geschrieben wird, ist mittlerweile tatsächlich entbrannt. In vielen Branchen fehlen qualifizierte Mitarbeiter, und zwar nicht nur in Deutschland. Und ein gutes Gehalt reicht, gerade bei der Generation Y, als Stifter von Loyalität schon lange nicht mehr.
Darüber hinaus empfinden viele Unternehmen eine Innovationslücke. Der Innovationsdruck ist immens, die Volatilität auf vielen Märkten steigt. Die Frage in diesem Zusammenhang: Wie lässt sich das Kreativpotenzial aller Mitarbeiter heben? Wir lassen sich unternehmensinterne Innovationszellen schaffen? Wie gelingt es, Ernst zu machen mit dem Unternehmer im Unternehmen?
Ein Weg dahin: Die bewusste Gestaltung von Arbeitsräumen. Diese wirken, so eine Ausgangsthese dieses Projektes, kommunikativ direkt wie indirekt auf die Motivation von Mitarbeitern. Und sie fördern Kommunikation und den Austausch von Ideen mit Innovationspotenzial im Unternehmen. Dabei spielt sowohl die Innenarchitektur als auch die Gestaltung von Bürogebäuden insgesamt eine Rolle.
Um diese Themenbereiche kreist dieses Forschungsvorhaben. Es gilt, die Basis von Kreativität und Innovation auf ihre räumlichen Bestandteile hin zu untersuchen. Es soll empirisch erforscht werden, welchen Einfluss die Gestaltung von Firmenzentralen auf das Ausmaß und die Richtung der Innovation im Gebäude hat. Und es soll ein Kriterienkatalog entwickelt werden, welcher sowohl Handreichungen bei der Gestaltung künftiger Arbeitswelten liefert als auch mögliche Lücken im Verständnis von Raumgestaltern (z.B. Architekten, Innenarchitekten) wie auch Personalern im Hinblick auf das Verhältnis von Raum, Kommunikation und Motivation aufdeckt.
Wichtig dabei: Die Frage, wie Konzepte der Räumlichkeit zur parallel stattfindenden Digitalisierung von Arbeitsprozessen und unternehmerischen Geschäftsmodellen stehen. Diese Arbeitet unter der Annahme, dass es ein Irrtum wäre, der Digitalisierung einfach eine Entkörperlichung der Arbeit zuzuschreiben. Womöglich ist das Gegenteil der Fall: Durch die digitale Durchdringung unserer Tätigkeit werden wir räumlich flexibler. Und damit spielt der Ort, an dem wir jeweils arbeiten, eine zentralere Rolle. Bezogen auf Städte als Ganze wird dies unter der Headline der „Smart City“ diskutiert.
Für die Arbeitswelt gilt entsprechend: Das physische Umfeld, an dem wir arbeiten, ist wichtig. Es braucht Räume, die uns mit den nötigen Informationen versehen, aber auch der jeweils konkreten Arbeitssituation angemessen sind. Ein erweitertes strategisches Denken bringt komplett andere räumliche Notwendigkeiten mit, auch solche, die über die oft zitierten unterschiedlichen Formen der Kollaboration hinaus gehen.
Basis des Forschungsprojektes ist dabei eine Online-Datenbank, die die Qualität von Arbeitsräumen anhand verschiedener Kriterien untersucht. Auf diese Weise wird eine empirische Breite geschaffen und ein userzentrierter Dialog initiiert. Vorgehen und Methodik werden begleitend in Form von Fachartikeln reflektiert. Eine Buchpublikation ist denkbar. Darüber hinaus hält Professor Gutzmer Vorträge zu dem Thema, im vergangenen Jahr etwa vor internationalen Führungskräften des Möbelherstellers Steelcase oder als Festredner des Niedersächsischen Staatspreises für Architektur zum Thema Wirtschaft und Verwaltung.
c) Innovationstreiber Stadt
Das klassische Innovationsmanagement steckt in der Krise. Die Flopraten steigen. In diesem Zusammenhang gehen erste Unternehmen einen unkonventionellen neuen Weg und vernetzen sich mit urbanen Räumen und den zentralen Akteuren im kulturökonomischen Spannungsfeld Stadt. Diesen Prozessen gehen die Forschungen von Professor Gutzmer seit einigen Jahren nach. Er kombiniert dabei die analytischen Ansätze der Actor-Network-Theorie in der Folge Latours mit dem Resource-Based View of the Firm. Es gelingt seiner Forschung mit dieser Kombination einerseits, einen neuen und ganzheitlicheren Blick auf das Innovationsmanagement von Unternehmen zu realisieren und auch konzeptionell zu neuen Perspektiven zu gelangen. Darüber hinaus aber eignet sich die Arbeit Professor Gutzmers auch dafür, real agierenden Unternehmen Entwicklungsmöglichkeiten ihrer bestehenden urbanen Aktivitäten aufzuzeigen. Die Publikation „Urban Innovation Networks. Understanding the City as a Strategic resource“ ist Beleg dafür.
Dabei befindet sich die Arbeit Professor Gutzmers in einem Interaktionsfeld zwischen Innovationstheorie und Marketing. Die urbanen Impulse auf die innovationsstrategischen Aktivitäten von Unternehmen entwickeln auch im Marketing eine zunehmende Wirkkraft. Dieser Perspektive nimmt sich eine anstehende Publikation Professor Gutzmers an. Es soll ein Verständnis von Marketing entwickelt werden, das uns verstehen hilft, wie Marketing gerade in Zeiten der digitalen Transformation in einem ganz neuen Maße von urbanen Vernetzungen profitiert. Die Digitalisierung, so die Argumentation, macht die Stadt lesbarer und vielschichtiger. Sie definiert damit neue Anknüpfungspunkte für die Marketingwissenschaft wie für die Praxis unternehmerischer Marketingstrategie. Gerade die Markenbildung kann von diesem Ansatz profitieren.
Lehre
Für mich bedeutet Lehre themenzentrierte Interaktion. Wissenschaftliche Konzepte sind gut, wenn sie uns helfen, die Wirklichkeit besser zu verstehen und effizienter zu gestalten. Daran arbeite ich mit meinen Studierenden – in Seminaren, Diskussionen, Kreativsessions und, ja, auch dem gelegentlichen Vortrag. Wichtig dabei: diskursive Fairness – und ein internationaler Blickwinkel. Denn die Welt der Wirtschaft wie auch die der Wissenschaft wächst global zusammen. Da muss und kann die Lehre nicht nur Schritt halten, sondern Treiber sein.
Publikationen
Gutzmer, A. 2020: Haltung. Warum die Wirtschaft mehr davon braucht – und die Architektur sie schon hat. Wiesbaden: Springer Fachverlag
Wie geht die viel geforderte “Haltung”? Gutzmer setzt mit einem Bezug auf die Welt der Architektur hier einen neuen Impuls.
Gutzmer, A. 2018: Die Grenze aller Grenzen. Inszenierung und Alltag zwischen den USA und Mexiko. Hamburg: Edition Kursbuch
Eine Grenze als Medium. Gutzmer entwirft in diesem Buch ein kultur- und spezifisch medienwissenschaftliches Verständnis der Südgrenze der USA. Ein Buch, aktuell nicht nur durch die Politik von Donald Trump
Gutzmer, A. 2018: Marken in der Smart City. Wie die Cyber-Urbanisierung das Marketing verändert. Wiesbaden: Springer Gabler
Die Digitalisierung bedeutet nicht, dass der reale Raum für die Bildung und Führung von Marken unwichtig würde. Im gegenteil: die technologische Messbarmachung von städtischem Raum bietet den Marken von morgen betröchtliche Cgancen. Welche, das zeigt Professor Gutzmer in diesem Buch mit konzeoptionellen Vorüberlegungen und anhand zahlreicher realer Unternehmensbeispiele.
Gutzmer, A. 2016: Urban Innovation Networks. Understanding the City as a Strategic Resource. Heidelberg: Springer
Städte sind innovationspolitische Kraftfelder – wenn Unternehmen sie auch so nutzen. Dies aber geschieht noch viel zu selten, argumentiert Gutzmer in diesem Buch.
Gutzmer, A. 2015: Architektur und Kommunikation. Zur Medialität gebauter Wirklichkeit. Bielefeld: transcript
Gutzmer, A. 2013: Brand-Driven City Building and the Virtualizing of Space. London: Routledge